Udo Jürgens in Kiel 2006

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Redakteur
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Gleich zum Beginn des Konzertes erlebten die 6000 Besucher in der Ostseehalle ein perfekt arrangiertes Opening: Ein überdimensionaler Schattenumriss des Stars (wie auf dem Cover der aktuellen CD), der noch vor der Show die ankommenden Gäste scheinbar „leblos“ begrüßte, begann sich unerwartet zu bewegen. Mit dem fallenden, himmelblauen Vorhang, erschien Udo Jürgens dann elegant neben einem schwarzen Flügel auf der Bühne. Frenetischer Applaus und Jubelschreie des Publikums im Alter von 8 – 80 Jahren folgten.

Mit der Ballade „In allen Dingen lebt ein Lied“ ging es in ein fast dreistündiges Konzerterlebnis, in dem der große Entertainer alle Register zog. Ein weiterer, diesmal schwerer, roter Vorhang umrahmte das dann plötzlich auftauchende 18-köpfige „Pepe Lienhard Orchester“. O-Ton Jürgens: „Das beste Orchester, mit dem ich je spielte“. Der Star des Abends und alle Musiker gekleidet im dezenten Schwarz, rote Einstecktücher, Geigen, Kontrabass, Cello, Bläser, Gitarre. Eh man sich versah, war die Präsentation einer fantastischen Show alter Schule bereits in vollem Gange. „D’rum lass uns die Sonne fangen, dem Glück in die Bluse langen – lass sie zur Hölle fahr’n die Melancholie“ nach den ersten schnelleren Klängen von „Jetzt oder nie“ begrüßte Udo Jürgens die Kieler mit besonderen Worten: „Meine Mutter ist hier im ganz hohen Norden aufgewachsen, ich fühle mich sehr mit Kiel verbunden und danke Ihnen allen von Herzen, dass Sie heute Abend zu mir gekommen sind“.

Der erste Teil des Konzertes bestand zum größten Teil aus Titeln des aktuellen Albums, wie „Flieg mit mir“; „Bis ans Ende meiner Lieder“ und das von Mozartklängen umhüllte „Das ich dich liebe, was geht es dich an“. Gerade hier zeigte sich, dass die Fans in der Kieler Ostseehalle genau hinhörten. Erwartete man doch bei früheren Tourneen in erster Linie die bekannten Hits wie „Aber bitte mit Sahne“ , und stand den neueren Songs etwas verhaltener gegenüber, so zeigten sich die eingeschworenen Udo Jürgens Fans heute geschlossen begeistert von den tiefsinnigen, teils autobiographischen Texten und Arrangements der neuen Stücke. Das Duett „Ich will, ich kann – I will, I can“ mit der stimmgewaltigen Sabine Manke erzeugte eine Gänsehaut und gehörte, wie das sozialkritische Stück „Fünf Minuten vor Zwölf“, ebenfalls zu den herausragenden Höhepunkten der ersten Konzerthälfte. Zwischendurch immer wieder großer Jubel, brennende Feuerzeuge und zahlreiche dahin schmelzende Damen jeden Alters, die Ihrem Star auf der Bühne Blumen in den schönsten Farben überreichten.

Mit „Ehrenwertes Haus“ ging es dann mit einem der ganz großen Hits in eine kurze Pause.
Die zweite Konzerthälfte begann mit dem Titel “Auch kleine Steine ziehen große Kreise – nicht nur der Mächtige hat Macht allein. Drum schicke die Visionen auf die Reise und sperr’ die Hoffnung niemals ein !“ Ebenfalls eines der neuen Stücke, mit denen Udo Jürgens den Menschen viel Mut macht. Mit dem flotten Song „Frauen“, in dem das weibliche Geschlecht als kompliziert und eitel beschrieben wird, folgte dann die Antwort auf Herbert Grönemeyers „Männer“. Allerdings lässt der Charmeur Jürgens im Refrain alle Zweifel verschwinden und stellt deutlich klar, dass es ohne Frauen wohl keine Sonne geben würde. Bei den Titeln „Der gekaufte Drachen“ und „Der Mann mit dem Fagott“, in dem es um die Geschichte von Udo Jürgens Großvater geht, der rät, die Seele für jeden Ton zu öffnen, und auf den Spielmann mit dem Fagott zu hören, wurde es dann noch einmal etwas besinnlicher in der doch ansonsten sehr lebhaften Ostseehalle. Und dann gab es kein Halten mehr: Mit „Vielen Dank für die Blumen“ leitete Udo Jürgens ein gigantisches Hit-Medley ein.

Das enthusiastische Publikum hielt es nun nicht mehr auf den Sitzplätzen, es bildete sich binnen Sekunden ein riesiger Pulk vor der Bühne, aus allen Richtungen stürmten überwiegend weibliche Fans nach vorne, so dass man meinen konnte, man wäre auf einem Robbie Williams Konzert. Der charismatische, mittlerweile 71 jährige Jürgens steht dem jüngeren Robbie in Sachen Sex-Appeal ohne Frage in nichts nach. Vergleiche dieser Art hat der Gentlemen Udo Jürgens allerdings nicht nötig. Er ist, wie es ein Kollege nicht treffender hätte betiteln können, der „Sonnenkönig des Pop“. Auf seine dann folgende Frage: „Habt Ihr Lust auf ein paar Oldies?“ bebte die Halle förmlich und die 6000 Gäste feierten jetzt so richtig ab. „Ich war noch niemals in New York“; „17 Jahr blondes Jahr“; „Liebe ohne Leiden“; „Griechischer Wein“ und natürlich „Aber bitte mit Sahne“ machten den Abend zum unvergesslichen Erlebnis.

Tanzende Teenies, hüpfende Omas und Opas und kreischende über- und unter Dreißigjährige. Stehende Ovationen, ein Fest für die ganze Familie! Nach dem obligatorischen „Bademantel-Finale“ verabschiedete sich einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Künstler unserer Zeit mit der Aussicht, schon am 5. November diesen Jahres erneut das Kieler Publikum bei einem der Zusatztermine der Herbsttour zu beehren. Wer es bis jetzt noch nicht geschafft hat, sollte spätestens dann unbedingt mit dabei sein. Udo Jürgens und das Pepe Lienhard Orchester live zu erleben bedeutet Freude, Glück, Besinnlichkeit und ganz großes Entertainment !

Fotos: Cappy

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